Keine Servolenkung, das Autoradio hat nur zwei Drehknöpfe, aber dafür gibt es jede Menge Fahrspaß. Das Feeling von damals kann man buchen. Es lohnt sich!
Beim Platznehmen im roten Ledersitz zündet ein wahrer Gefühlsflash: Es ist, als wäre ich mittendrin in einem dieser Sechzigerjahre-Filme. Und die lösen, bei mir jedenfalls, immer so etwas Sehnsuchtsvolles aus. Das hat nichts mit Kitsch zu tun, eher etwas mit Tragik. Denn die Dekade, die ich als sehr kleiner Zeitzeuge durchschritt, habe ich als Autofahrer natürlich nicht erlebt. Das nagt über die Jahre etwas an meiner Autoaffinen Seele, hatten doch die Sixties in Sachen Lifestyle auf vier Rädern einiges zu bieten. In einer dieser altehrwürdigen Ikonen sitze ich nun: Es ist ein Alfa Romeo Giulia Spider 1600. Hinter mir glitzert und plätschert der Lago Maggiore vor sich hin. Möglich gemacht haben diese persönliche Zeitreise Walter Laimer und Gert Pichler, die sich auf Oldtimer-Reisen spezialisiert haben.
Doch zurück ins Cockpit: Die Hände umfassen ein völlig von elektronischem Wippschalter-und-Tasten-Schnickschnack unberührtes Sportlenkrad. Der Zündschlüssel hängt links davon im Schloss und wartet darauf, herumgedreht zu werden. Im Moment des Anlassens des 90 PS starken Motors weiß ich: Heute wird ein großer Tag. Der Spider röhrt, nicht ordinär laut, sondern respektgebietend. Wir begeben uns auf eine kleine Bergetappe vom Seeufer zum Monte Mottarone. Und das magische Film-Feeling hält an, weil das Handling so authentisch ist: Es gibt keine Servolenkung, keinen Bremskraftverstärker und keine Automatik. Mehr noch: Der Spider liebt es archaisch.
Beim Runterschalten sollte man das Getriebe mit Zwischengas liebkosen. Das geht so: Gang rausnehmen, Leerlauf, von der Kupplung gehen, Vollgas geben, die Kupplung treten und den tieferen Gang einlegen. Das klingt kompliziert, ist aber einfach und dauert eine gute Sekunde. Außerdem vergrößert die Intensivpflege die emotionale Verbindung zum guten Gefährt. Der Spider dankt es einem, er wedelt - Glücksgefühle generierend - durch die Kurven und reagiert immer sehr direkt. Der Abend naht, der Spider rollt auf seinen Parkplatz, der Vierzylinder hat nun Ruh. Und mir fällt nach der Vorstellung nur eines ein: Happy End!
DER SPEZIALIST
Das Münchner Unternehmen Nostalgic offeriert seit einigen Jahren Oldtimer-Reisen mit besonderem Esprit und in ausgewählt schöne Gegenden Europas. Das attraktive Portfolio: Toskana, Lago Maggiore, Sizilien, Dolomiten und Meraner Land, Côte dAzur und Touren durch die bayerische Seenlandschaft. Die ehrwürdigen Alfa-Romeo-Fahrzeuge: u.a. Giulietta Spider 1300 (1955-1962), Giulia Spider 1600 (oben), Giulia Spider Veloce (1962-1965). Preisbeispiel: Das 4-Tage-Package „Lago Maggiore" (mit Übernachtung/VP in Luxushotels) kostet 2100 Euro pro Person. Nostalgic GmbH & Co. KG, Schwanthalerstr. 16, 80336 München, Telefon 089/5454060. www.nostalgic.de
Text: Martin Vogelsang
Mai 2010